„Recht folgt der Realität – und die Realität heißt heute: Influencer sind Teil des Vertriebs.“
Influencer sind heute fester Bestandteil moderner Vertriebsmodelle. Was zunächst wie klassische Werbung aussieht, kann rechtlich als Geschäftsvermittlung eingeordnet werden – mit unmittelbaren Folgen nach den §§ 84 ff. HGB. Entscheidend ist nicht das Label „Marketing“, sondern die tatsächliche Ausgestaltung: Wer dauerhaft für ein Unternehmen Bestellungen anbahnt oder Abschlüsse vorbereitet, bewegt sich im Regime des Handelsvertreterrechts.

Für Unternehmen und Creator stellt sich daher weniger die Frage, ob Social‑Media‑Kooperationen zulässig sind, sondern wie sie rechtssicher organisiert werden. Dieser Beitrag ordnet die Rechtsgrundlagen ein, grenzt reine Werbung von Vermittlung ab und zeigt, wie sich Verträge so gestalten lassen, dass sie zum beabsichtigten Modell passen – sei es „Content gegen Pauschale“ oder bewusst „Vertrieb gegen Provision“.
Nach § 84 Abs. 1 HGB ist Handelsvertreter, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Für Influencer bedeutet dies: Sie agieren typischerweise selbstständig und frei in der Gestaltung. Relevant wird das Handelsvertreterrecht insbesondere dann, wenn die Zusammenarbeit nicht nur auf Reichweite zielt, sondern konkret auf Bestellungen – etwa durch personalisierte Rabattcodes, trackbare Affiliate‑Links, Deep‑Links in Produktdetailseiten oder Creator‑Shops, über die sich Käufe eindeutig zuordnen lassen.
Die Abgrenzung zur bloßen Imagewerbung erfolgt über das Gesamtbild: Wird der Creator lediglich für Sichtbarkeit entlohnt, ohne Pflicht zur vertriebsnahen Tätigkeit, liegt regelmäßig kein Handelsvertreterverhältnis vor. Bestehen hingegen Pflichten, regelmäßig bestimmtes Produkt‑Messaging zu platzieren, Codes einzusetzen, Reports zu liefern und Umsätze zu erzielen, spricht dies für eine ständige Betrauung mit Vermittlungstätigkeit.
Kommt es zur Einordnung als Handelsvertreter, greifen zwingende Schutzvorschriften. Das Provisionsrecht (§§ 87 ff. HGB) sichert die Vergütung für vermittelte Geschäfte. In wiederkehrenden Geschäftsmodellen sind auch Folgeprovisionen denkbar, wenn der erstmalige Kundenkontakt auf die Tätigkeit des Influencers zurückgeht. Der Buchauszug (§ 87c HGB) verschafft Transparenz: Der Unternehmer muss alle provisionsrelevanten Vorgänge strukturiert offenlegen – in der Praxis mittels Exporten aus Shop, CRM und Payment.
Für die Beendigung gelten Mindestkündigungsfristen (§ 89 HGB); bei wichtigem Grund ist die fristlose Kündigung möglich (§ 89a HGB). Nach Vertragsende kann ein Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) entstehen, wenn der Unternehmer die vom Influencer aufgebauten Kundenbeziehungen weiterhin nutzt und dies der Billigkeit entspricht. Flankierend trifft den Unternehmer die Pflicht, notwendige Arbeitsmittel bereitzustellen (§ 86a HGB), während der Influencer zur Interessenwahrung verpflichtet ist (§ 86 HGB). Wettbewerbsbeschränkungen gelten während der Zusammenarbeit faktisch; ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur wirksam, wenn es schriftlich vereinbart, sachlich und zeitlich (maximal zwei Jahre) begrenzt ist und eine Karenzentschädigung vorsieht.

Unternehmen sollten Influencer-Kooperationen rechtlich klar strukturieren. Eine saubere Abgrenzung zwischen Werbung und Vermittlung schützt vor unerwarteten Handelsvertreteransprüchen und schafft Transparenz bei Vergütung und Reporting. Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, rechtssichere Verträge zu gestalten und Risiken in der Praxis zu vermeiden.
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Reine Werbung liegt vor, wenn Content gegen Pauschale vergütet wird und es keine Pflicht gibt, Abschlüsse zu fördern oder messbar zuzuordnen. Hier stehen Kreativleistung, Reichweite und Markenbild im Vordergrund. Vermittlung beginnt dort, wo die Zusammenarbeit auf konkrete Transaktionen ausgerichtet ist: Pflicht zum Einsatz personengebundener Codes oder Links, Reporting zu Absatzkennzahlen, Vorgaben zu Posting‑Frequenzen mit Verkaufsfokus und eine erfolgsabhängige Vergütung. Je stärker die Absatznähe, desto eher gilt das Handelsvertreterrecht.
In der Praxis kommt es darauf an, was die Parteien tatsächlich wollen: reine Sichtbarkeit oder gezielte Absatzförderung. Beide Varianten sind zulässig – sie müssen nur sauber voneinander getrennt werden.
Wer Influencer rein zur Image- und Reichweitensteigerung einsetzt, sollte diese Absicht auch im Vertrag widerspiegeln.
Die Kooperation basiert dann auf einer Berechtigung, Inhalte zu veröffentlichen, nicht auf einer Pflicht zur Absatzförderung. Die Vergütung richtet sich nach der Content-Leistung – etwa pro Beitrag, Format oder Reichweitenkorridor.
Auch Exklusivitäts-, Gebiets- oder Kundenschutzklauseln sind in diesem Modell entbehrlich. Ziel ist ein klar abgegrenztes Werbeverhältnis, das rechtlich nicht als Handelsvertretung einzuordnen ist.
Wenn der Creator gezielt als Absatzpartner eingesetzt wird, braucht die Zusammenarbeit eine andere Struktur.
Zentral ist eine klare Vermittlungs- oder Abschlusspflicht. Das Vergütungssystem sollte auf nachvollziehbaren Parametern beruhen – etwa Bestellung, Zahlungseingang oder wiederkehrende Umsätze.
Ein solches Provisionssystem muss die Behandlung von Stornos und Retouren ebenso regeln wie die Abrechnungsintervalle.
Die Pflichten des Influencers sowie die zu vertreibenden Produkte müssen klar bestimmt werden. Dabei sollte im Vertrag auch auf die Pflichten des Influencers zur Interessenwahrung (§ 86 HGB), zur Geheimhaltung und zur Unterlassung von Konkurrenztätigkeiten hingewiesen werden. Auch organisatorisch ist Präzision gefragt: Das Unternehmen muss sicherstellen, dass einem Buchauszugsanspruch nach § 87c HGB des Handelsvertreters zeitnah erfüllt werden kann. Dafür sollte es den Buchauszug organisatorisch planen (Formate, Datenquellen, Fristen) und sein Daten-Set-Up für eine entsprechende Datenexportmöglichkeiten konfigurieren. Auch die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen nach § 89 HGB.

RANKE EGGELKRAUT Rechtsanwälte beraten Unternehmen und Influencer umfassend zu ihren Rechten und Pflichten im Vertriebsrecht sowie zur rechtssicheren Gestaltung digitaler Kooperationen.
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Zur Verdeutlichung, wie sich verschiedene Kooperationsformen rechtlich einordnen lassen, zeigt die folgende Gegenüberstellung typische Fallkonstellationen aus der Praxis:
| Kooperationsform | Gestaltung & Ablauf | Rechtliche Einordnung |
| Kampagne mit Rabattcode | Der Influencer veröffentlicht regelmäßig produktbezogene Inhalte, nutzt einen personalisierten Rabattcode, liefert monatliche Sales-Reports und erhält eine umsatzabhängige Provision. Die Kooperation ist auf fortlaufende Aktionen ausgelegt. | Nähe zum Handelsvertreter: Verkaufsförderung für konkrete Geschäftsabschlüsse steht im Vordergrund; Vergütung bezieht sich auf Geschäftsabschlüsse, regelmäßige Berichtspflicht – Indiz für ständige Betrauung. |
| Ambassador-Programm mit Gebiet | Der Creator wird einem bestimmten Vertriebsgebiet zugeordnet, erhält Zielvorgaben und Zugriff auf CRM-Daten. Leads werden dokumentiert, die Tätigkeit läuft über mehrere Quartale. | Handelsvertreterstatus wahrscheinlich: Dauerhafte Vermittlungspflicht, Gebiets- und Zielbindung, unternehmerische Eingliederung in den Vertrieb. |
| Content-Kooperation gegen Pauschale | Der Influencer erstellt Inhalte nach Redaktionsplan, ohne Codes, ohne Provisionslogik und ohne Absatz-Reporting. Vergütung erfolgt pauschal pro Beitrag oder Kampagne. | Reine Werbung: Keine Absatzpflicht, keine Erfolgsvergütung – daher regelmäßig kein Handelsvertreter im Sinne der §§ 84 ff. HGB. |
Erläuterung: Diese tabellarische Gegenüberstellung zeigt auf einen Blick, dass Art und Intensität der Absatzförderung entscheidend sind.
Je stärker der Influencer in den Vertrieb eingebunden und die Vermittlung von konkreten Geschäften im Fokus steht, desto eher greift das Handelsvertreterrecht.
Bleibt die Zusammenarbeit dagegen auf Sichtbarkeit und Markenkommunikation beschränkt, liegt rechtlich eine klassische Werbekooperation vor.
Der Buchauszug ist kein bloßer Rechtsanspruch auf Papier, sondern ein organisatorischer Prozess, der Transparenz schaffen soll.
Der Buchauszug soll dem Handelsvertreter (bzw. hier dem Influencer) ermöglichen, die Richtigkeit seiner Provisionsabrechnung nachzuvollziehen. Er bildet damit die Grundlage für Vertrauen, Nachprüfbarkeit und eine rechtssichere Zusammenarbeit.
In der Praxis hat sich ein einheitlicher Datenexport bewährt. Folgende Angaben sollten enthalten sein:
Diese Struktur ermöglicht eine schnelle technische Umsetzung – etwa über Exportfunktionen aus Shop-Systemen, CRM oder Payment-Tools.
Unternehmen sollten intern klar festlegen,
Ein fester Prozess vermeidet Nachfragen und sichert die Nachvollziehbarkeit bei späteren Streitfällen.
Auch Influencer bzw. Creator profitieren von einer strukturierten Dokumentation. Empfehlenswert ist eine prüffähige Ablage sämtlicher
So lassen sich mögliche Zuordnungs- und Abrechnungsfragen im Nachhinein sauber klären.
Kurz gesagt: Der Buchauszug ist mehr als ein juristischer Anspruch – er ist ein Werkzeug der Transparenz. Wer die technischen Abläufe (Export, Datenfelder, Verantwortlichkeiten) im Vertrag konkret regelt, erspart sich spätere Diskussionen über Zahlen und Zuständigkeiten.
Der Code allein ist nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist das Gesamtbild: Pflicht zum Einsatz, Vergütung für Vermittlung konkreter Geschäfte und Sales‑Reporting sprechen für Vermittlung.
Nein. Der Anspruch folgt aus § 87c HGB. Vertragliche Präzisierung zu Umfang und Format beschleunigt die Abwicklung.
Während der Zusammenarbeit schützt die Interessenwahrung. Nachvertragliche Beschränkungen sind nur mit Schriftform, sachlicher/örtlicher Begrenzung und Karenzentschädigung wirksam.
Ob ein Influencer Handelsvertreter ist, entscheidet die Absatznähe der Zusammenarbeit. Wer reine Werbung will, hält die Kooperation frei von Vermittlungs‑ und Provisionslogiken. Wer Vertrieb organisiert, regelt die Rechte und Pflichten der Parteien rechtssicher – und stellt die Prozesse dafür bereit. So lassen sich Social‑Media‑Kooperationen rechtskonform und planbar umsetzen.
Stand: 03.11.2025
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