15.05.2025
RANKE EGGELKRAUT RECHTSANWÄLTE

Untätigkeit des Handelsvertreters – Kündigung und Schadensersatz

Der Handelsvertreter ist ein wichtiger Partner im Vertrieb. Er trägt dazu bei, Produkte oder Dienstleistungen am Markt zu positionieren und Umsätze zu steigern.

Untätigkeit des Handelsvertreters
Haben Sie Fragen zum Thema Untätigkeit des Handelsvertreters? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Damit Sie als Unternehmer langfristig erfolgreich sind, müssen Sie sich auf die Leistungsbereitschaft und das Engagement Ihres Handelsvertreters verlassen können.

Doch was, wenn es zu einer Untätigkeit des Handelsvertreters kommt? Wenn vereinbarte Leistungen ausbleiben oder Kundentermine nicht wahrgenommen werden? In solchen Fällen stellt sich schnell die Frage nach rechtlichen Konsequenzen – bis hin zur Kündigung des Vertrags und zur Geltendmachung von Schadensersatz.

In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Pflichten Handelsvertreter erfüllen müssen, welche Möglichkeiten Ihnen bei Vertragsverstößen zur Verfügung stehen und wie sich Handelsvertreter gegen unberechtigte Vorwürfe wehren können.


Übersicht

Pflichten des Handelsvertreters: Welche Tätigkeiten müssen erbracht werden?

Die Tätigkeit eines Handelsvertreters ist gesetzlich geregelt in den §§ 84 ff. Handelsgesetzbuch (HGB).
Als Unternehmer dürfen Sie erwarten, dass der Handelsvertreter aktiv am Markt arbeitet – also Geschäfte vermittelt oder abschließt. Dabei muss er stets Ihre Interessen wahren.

Zu seinen zentralen Pflichten gehören:

  • Vermittlungs- und Abschlusspflicht: Ihr Handelsvertreter muss aktiv Geschäfte für Sie akquirieren und laufend versuchen, die Absatzmöglichkeiten des Unternehmens zu fördern. Eine bloß passive Haltung, bei der er nur auf eingehende Kundenanfragen reagiert, erfüllt diese Pflicht nicht. Sie können von ihm proaktives Handeln erwarten.
  • Interessenwahrungspflicht: § 86 HGB verpflichtet Ihren Handelsvertreter ausdrücklich, Ihre Unternehmensinteressen "mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen". Der Handelsvertreter darf nichts unternehmen, was den Interessen des Unternehmens schadet. Diese Pflicht geht also weit über die reine Vermittlungspflicht hinaus. Sie umfasst unter anderem das Verbot von Konkurrenztätigkeit, die Pflicht zur Vermeidung sonstiger schädlicher Handlungen, eine Pflicht zur Verschwiegenheit und die Pflicht, Weisungen des Unternehmens zu beachten.
  • Berichts- und Nachweispflicht: Nach § 86 Abs. 2 HGB muss Ihr Handelsvertreter Sie regelmäßig über seine Tätigkeiten informieren. Dazu gehören konkrete Angaben zu vermittelten Geschäften, aktuellen Markttrends und relevanten Kundenrückmeldungen.

Typische Fälle von Untätigkeit des Handelsvertreters

In unserer Praxis begegnen uns immer wieder klare Anzeichen für Untätigkeit des Handelsvertreters, die rechtliche Schritte rechtfertigen können:

  • Fehlende Neukundenakquise: Wenn Ihr Handelsvertreter keine oder zu wenige neue Kunden gewinnt, verletzt er seine Kernaufgabe. Beispiel: Ein Handelsvertreter im Maschinenbau, der in sechs Monaten keinen einzigen Neukunden vorweisen kann.
  • Vernachlässigte Kundenbeziehungen: Auch die mangelhafte Betreuung Ihrer Bestandskunden stellt eine Pflichtverletzung dar. Sie erkennen dies an ausbleibenden Folgeaufträgen oder direkten Kundenbeschwerden.
  • Fehlende Berichte: Erhält Ihr Unternehmen nicht die vereinbarten Tätigkeitsberichte, fehlt Ihnen wichtige Transparenz. Diese Informationslücke behindert Ihre strategischen Entscheidungen erheblich.
  • Missachtete Weisungen: Ignoriert Ihr Handelsvertreter Ihre berechtigten Anweisungen, etwa zur Bearbeitung bestimmter Kundengruppen, liegt eine klare Pflichtverletzung vor.

Kündigungsmöglichkeiten für Unternehmen bei Untätigkeit des Handelsvertreters

In einen Buchauszug gehören alle Angaben aus den Geschäftsbüchern und -papieren des Unternehmers, die mit der Wenn ein Handelsvertreter seinen Pflichten nicht nachkommt, kann das Vertragsverhältnis beendet werden – entweder ordentlich oder außerordentlich.

Ordentliche Kündigung

Die ordentliche Kündigung ist grundsätzlich bei unbefristeten Verträgen jederzeit möglich. Dabei gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 89 HGB. Diese richten sich nach der Dauer der Vertragsbeziehung und betragen:

  • Im ersten Vertragsjahr: 1 Monat
  • Im zweiten Jahr: 2 Monate
  • Ab dem dritten Jahr: 3 Monate zum Monatsende

Für befristete Verträge gilt: Eine ordentliche Kündigung ist in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, sie wurde ausdrücklich vertraglich vereinbart.

Achtung - unbedingt zu beachten ist: Die Beendigung des Handelsvertretervertrags durch ordentliche Kündigung seitens des Unternehmens führt in der Regel zu einem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB.

Außerordentliche Kündigung

In schwerwiegenden Fällen kommt eine fristlose Kündigung gemäß § 89a HGB in Betracht. Diese ist möglich, wenn dem kündigenden Unternehmen das Festhalten am Vertrag bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist.

Voraussetzung ist meist eine erhebliche Pflichtverletzung – wie die nachhaltige Verweigerung der Tätigkeit trotz Abmahnung oder die wiederholte Missachtung von Weisungen.

Wichtig: Vor einer fristlosen Kündigung ist regelmäßig eine Abmahnung erforderlich. Diese sollte schriftlich erfolgen und den konkreten Pflichtverstoß benennen. Nur so schaffen Sie eine belastbare Grundlage für eine Kündigung.

Auch die Dokumentation ist entscheidend: Führen Sie Gesprächsprotokolle, speichern Sie E-Mails und sammeln Sie Nachweise über versäumte Termine oder ausgebliebene Berichte.

Schadensersatzansprüche des Unternehmens gegen den Handelsvertreter

Bleibt der Handelsvertreter untätig und entsteht Ihnen dadurch ein Schaden, können Sie unter Umständen Schadensersatz verlangen. Grundlage hierfür ist § 280 BGB in Verbindung mit dem Handelsvertretervertrag.

Wann steht Ihnen ein Schadensersatzanspruch zu?

Zusätzlich zur Kündigung können Sie als Unternehmen konkrete Schadensersatzansprüche gegen Ihren untätigen Handelsvertreter durchsetzen:

  • Klare rechtliche Voraussetzungen: Ihr Anspruch basiert auf den Grundprinzipien des Vertragsrechts. Ihr Handelsvertreter muss schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) eine Vertragspflicht verletzt haben. Durch diese Pflichtverletzung muss Ihnen ein konkreter Schaden entstanden sein. Zwischen Pflichtverletzung und Schaden muss ein direkter Zusammenhang bestehen.
  • Konkrete Schadensarten: Sie können verschiedene Schäden geltend machen. Dazu zählen entgangene Gewinne durch nicht vermittelte Geschäfte. Auch vergebliche Investitionen in die Zusammenarbeit, wie Schulungskosten oder spezielle Marketingmaterialien, sind erstattungsfähig. Unter bestimmten Umständen können Sie auch die (Zusatz)Kosten für die Neubesetzung des Vertriebsgebiets einfordern.

So berechnen Sie Ihren Schadensersatzanspruch und setzen ihn durch

Mit der richtigen Vorbereitung sichern Sie Ihren Anspruch:

  • Überzeugende Beweisführung: Dokumentieren Sie die Untätigkeit Ihres Handelsvertreters akribisch. Vergleichen Sie seine Leistung mit anderen Vertretern in ähnlichen Gebieten. Stellen Sie aktuelle Zahlen historischen Daten gegenüber. Sammeln Sie konkrete Kundenbeschwerden über mangelnde Betreuung. Ein praktisches Beispiel: Wenn ein Handelsvertreter im Bezirk A nur 30% des durchschnittlichen Umsatzes vergleichbarer Bezirke erzielt, ist dies ein Indiz für mangelnden Einsatz.
  • Präzise Schadensberechnung: Ermitteln Sie Ihren entgangenen Gewinn anhand belastbarer Daten. Nutzen Sie realistische Umsatzprognosen basierend auf historischen Zahlen oder vergleichbaren Gebieten. Berücksichtigen Sie dabei spezifische Marktfaktoren, um Ihre Berechnung gerichtsfest zu machen.
  • Effektive Durchsetzungsstrategie: Starten Sie mit einer außergerichtlichen Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung. Diese sollte eine konkrete Schadenssumme und eine fundierte Begründung enthalten. Nach Verstreichen der Frist kann ein weiterer außergerichtlicher Lösungsversuch durch ein anwaltliches Aufforderungsschreiben erfolgen. Will der Schuldner weiterhin nicht zahlen, unterstützen wir Sie auch beim Gang vor Gericht. Hier müssen Sie die Pflichtverletzung, das Verschulden, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang nachweisen.

Verteidigungsmöglichkeiten für Handelsvertreter

Es kommt immer wieder vor, dass Handelsvertretern zu Unrecht seitens eines Unternehmens Untätigkeit vorgeworfen wird. Dagegen kann sich der Handelsvertreter selbstverständlich wehren.

Oft entscheidet die Dokumentation: Wer nachweisen kann, dass er aktiv war, schützt sich vor unberechtigten Vorwürfen. Dazu gehören:

  • Tätigkeitsberichte
  • Kundenkommunikation (E-Mails, Gesprächsnotizen)
  • Umsatzlisten oder Besuchsprotokolle

Nicht jede unterlassene Tätigkeit ist automatisch ein Pflichtverstoß. Entscheidend ist auch, was im Vertrag vereinbart wurde.

Ein Beispiel: Wurde dem Handelsvertreter ein exklusives Gebiet zugewiesen, kann Untätigkeit dort anders bewertet werden als bei einem nicht-exklusiven Vertriebsmodell.

Oft fehlt es an einem klaren Nachweis des Schadens oder dessen Ursache. Handelsvertreter sollten prüfen lassen, ob:

  • Die Berechnung des Schadens nachvollziehbar ist
  • Das Unternehmen eigene Pflichten verletzt hat (z.B. keine oder verspätete Überlassung der für die Vertriebstätigkeit erforderlichen Unterlagen)
  • Eine ordnungsgemäße Abmahnung vorausging

Ein spezialisierter Anwalt hilft dabei, die richtigen Argumente zu finden und die eigenen Rechte zu schützen.

Unterstützung durch RANKE EGGELKRAUT Rechtsanwälte

Als wirtschaftsrechtlich ausgerichtete Kanzlei mit besonderer Expertise im Handels- und Vertriebsrecht begleiten wir sowohl Unternehmen als auch Handelsvertreter in allen Phasen des Vertragsverhältnisses.

Für Unternehmen:

  • Prüfung und rechtssichere Gestaltung von Handelsvertreterverträgen
  • Beratung bei Pflichtverstößen und Kündigungsfragen
  • Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen – außergerichtlich und vor Gericht

Für Handelsvertreter:

  • Verteidigung gegen unberechtigte Kündigungen
  • Unterstützung bei der Dokumentation der eigenen Tätigkeit
  • Abwehr unrechtmäßiger Forderungen oder Abmahnungen

Profitieren Sie von unserer Erfahrung in der Gestaltung und Beendigung von Vertriebsverträgen – und von unserem Blick für pragmatische Lösungen.

Johannes Eggelkraut

Sind Sie unsicher, ob eine Kündigung Ihres Handelsvertreters berechtigt ist oder sehen Sie sich mit unrechtmäßigen Vorwürfen konfrontiert? RANKE EGGELKRAUT Rechtsanwälte beraten Sie kompetent zu Ihren Rechten und Handlungsmöglichkeiten.

Nehmen Sie jetzt Kontakt zu uns auf und vereinbaren Sie einen Termin für Ihre Erstberatung!

Fazit

  • Handelsvertreter sind zur aktiven Tätigkeit verpflichtet (§§ 84 ff. HGB).
  • Untätigkeit des Handelsvertreters kann zur ordentlichen oder fristlosen Kündigung berechtigen.
  • Unternehmen können Schadensersatz fordern, wenn ein konkreter Schaden vorliegt.
  • Handelsvertreter können sich durch Dokumentation und vertragliche Regelungen verteidigen.
  • RANKE EGGELKRAUT Rechtsanwälte unterstützt beide Seiten bei der rechtlichen Klärung.

FAQ

Wie viele Kundenbesuche muss ein Handelsvertreter mindestens durchführen?

1

Eine gesetzlich festgelegte Mindestanzahl gibt es nicht. Maßgeblich sind entweder vertragliche Vereinbarungen oder – falls solche fehlen – der branchenübliche Umfang sowie die berechtigten Erwartungen des Unternehmens.

Darf ich als Unternehmen einen Handelsvertreter fristlos kündigen, wenn er zwei Monate keine Umsätze generiert hat?

2

Allein das Ausbleiben von Umsätzen über einen begrenzten Zeitraum rechtfertigt in der Regel keine fristlose Kündigung. Entscheidend ist, ob der Handelsvertreter nachweislich untätig war oder ob äußere Faktoren für die Umsatzflaute verantwortlich sind. Des Weiteren erfordert die fristlose Kündigung vorab den Ausspruch einer Abmahnung.

Kann ich als Handelsvertreter gekündigt werden, wenn ich die vorgegebenen Umsatzziele nicht erreiche?

3

Das Nichterreichen von Umsatzzielen allein rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung. Außer dieses ist auf schuldhaft unterbliebene Vertriebsbemühungen zurückzuführen, denen auch nach Abmahnung nicht nachgekommen wird.

Wie kann ich als Unternehmen beweisen, dass mein Handelsvertreter untätig war?

4

Beweismittel können sein: Fehlende Tätigkeitsberichte, ausbleibende Kommunikation, Kundenbeschwerden über mangelnde Betreuung, signifikante Umsatzrückgänge im Vergleich zu ähnlichen Gebieten oder Zeiträumen sowie Zeugenaussagen von Kunden oder Mitarbeitern.

Welche Schadensersatzansprüche können gegen einen untätigen Handelsvertreter geltend gemacht werden?

5

In Betracht kommen vor allem entgangene Gewinne durch nicht vermittelte Geschäfte, vergebliche Investitionen in die Zusammenarbeit sowie Kosten für die Neubesetzung des Vertriebsgebiets.

Bin ich als Handelsvertreter verpflichtet, regelmäßige Berichte über meine Tätigkeit zu erstellen?

6

Ja, nach § 86 Abs. 2 HGB besteht eine gesetzliche Berichtspflicht. Umfang und Häufigkeit können vertraglich präzisiert werden. Fehlen solche Vereinbarungen, orientiert sich die Berichtspflicht an den Branchenüblichkeiten und dem Informationsbedürfnis des Unternehmens.