Wurde ein Handelsvertretervertrag aufgelöst, kann das Unternehmen weiter Vorteile aus der Arbeit des Handelsvertreters ziehen. Damit dieser nicht vollkommen leer ausgeht, gibt es den Handelsvertreterausgleich.
Auf diesen hat ein Handelsvertreter jedoch in der Regel keinen Anspruch, wenn er selbst kündigt.
Eine Ausnahme besteht, wenn die Eigenkündigung aufgrund von Alter oder Krankheit erfolgt ist. Auch in diesem Fall müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Krankheit ist nicht gleich Krankheit und Kündigung nicht gleich Kündigung.
In diesem Blog-Beitrag möchten wir Ihnen einen Überblick über wichtige Aspekte einer solchen Eigenkündigung des Handelsvertreters aus Alters- oder Krankheitsgründen geben.
Übersicht:
Ein Handelsvertreter unterstützt das von ihm vertretene Unternehmen maßgeblich beim Aufbau und der Pflege eines Kundenstamms. Die Verträge werden jedoch zwischen dem Kunden und dem Unternehmen geschlossen. Somit erhält der Handelsvertreter nur eine Provision für die Anbahnung und den Abschluss des Geschäfts.
Endet das Vertragsverhältnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmen, hat der Handelsvertreter keine Provisionsansprüche mehr. Der Kundenstamm jedoch bleibt dem Unternehmen erhalten, das in den meisten Fällen weiterhin finanziell von ihm profitiert. Das bedeutet: Das Unternehmen zieht weitere wirtschaftliche Vorteile aus der Arbeit des Handelsvertreters, er selbst jedoch nicht.
Um einen Wertausgleich zu schaffen, gibt es den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB.
Das Gesetz sieht drei Voraussetzungen als erforderlich an, damit ein Handelsvertreter seinen Ausgleichsanspruch gegen das Unternehmen geltend machen kann. Zum Einen muss der Vertrag zwischen den beiden Parteien beendet sein. Zum Anderen muss das Unternehmen weiterhin erhebliche Vorteile aus der Arbeit des Handelsvertreters ziehen können. Zuletzt muss die Ausgleichszahlung unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entsprechen.
Der Ausgleichsanspruch ist unter gewissen Umständen ausgeschlossen. Kein Ausgleichsanspruch besteht,
Wenn ein Handelsvertreter sein Vertragsverhältnis selbst kündigt, steht ihm der Ausgleichsanspruch also grundsätzlich nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB nicht mehr zu. Immerhin hat er den Vertrag selbst beendet und damit auf zukünftige Provisionen freiwillig verzichtet.
Ausnahmen bestehen, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter durch sein Verhalten einen begründeten Anlass zur Kündigung gibt und wenn der Handelsvertreter aufgrund seines Alters oder einer Erkrankung kündigt. Denn in diesen Fällen ist die Voraussetzung einer freiwilligen Beendigung der Tätigkeit nicht mehr gegeben. Das bedeutet allerdings noch nicht, dass alle Krankheiten und jedes Alter ausgleichserhaltend wirken.
Damit sich ein Handelsvertreter ausgleichserhaltend auf sein Alter berufen kann, muss dieses die vertragsgemäße Ausführung der Tätigkeit unzumutbar machen. Regelmäßig ist das mit dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters gegeben.
Auch Krankheiten sind nicht automatisch ein ausgleichserhaltender Kündigungsgrund. Die Krankheit des Handelsvertreters muss dafür folgende Merkmale aufweisen (BGH, Urteil vom 29.04.1993 - I ZR 150/91):
Wurde die Erkrankung in der Kündigung des Handelsvertreters nicht als Grund angegeben, geht der Ausgleichsanspruch dadurch nicht verloren, auch wenn teilweise gefordert wird, dass sich der Handelsvertreter bereits bei Kündigung auf die Krankheit berufen muss. Es empfiehlt sich aber, bereits bei Kündigung auf die bestehende Krankheit hinzuweisen.
Die Voraussetzung einer ausgleichserhaltenden Erkrankung müssen zum Zeitpunkt der Kündigung im Rahmen einer Prognose auch im Zeitpunkt des Endes des Vertrags vorliegen. Das kann im Nachhinein jedoch schwer nachzuweisen sein. Denn der Gesundheitszustand kann sich aufgrund der verringerten Arbeitsbelastung bessern und somit ein Untersuchungsergebnis verfälschen. Wenn sich Handelsvertreter und Unternehmen über das Vorliegen einer ausgleichserhaltenden Erkrankung nicht einig werden, sollte der Handelsvertreter daher zeitnah handeln. Er muss die Unzumutbarkeit seiner Tätigkeit gerichtsfest nachweisen.
Zu beachten ist, dass ein hausärztliches Attest üblicherweise nicht für eine ausgleichserhaltende Kündigung reicht. Stattdessen ist in juristischen Konflikten die Meinung eines unabhängigen Sachverständigen entscheidend. Dafür kommt beispielsweise eine amtsärztliche Untersuchung in Frage, auf deren Basis der Mediziner entscheidet, ob die Handelsvertretertätigkeit weiterhin zumutbar ist.
Eine Besonderheit stellen Eigenkündigungen bei Handelsvertreter-Gesellschaften dar, die aus einer Person bestehen. Der Handelsvertreter ist dabei Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft und organisiert sich als Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft.
Während bei Personengesellschaften, die mit der Person des Handelsvertreters “stehen und fallen”, eine ausgleichserhaltende Kündigung durch den Alleingesellschafter in der Mehrheit für möglich gehalten wird, ist dies für Kapitalgesellschaften sehr umstritten. Solche Handelsvertreter-GmbHs kommen häufig bei Tankstellenpacht-Verträgen vor: Tankstellenpächter sind in der Regel Handelsvertreter für die von ihnen verkauften Kioskwaren und Kraftstoff tätig. Aus steuerlichen Gründen gründeten viele Tankstellenpächter in den 1990er-Jahren Handelsvertreter-GmbHs und führten die bereits bestehenden Tankstellenpacht-Verträge über diese weiter. Mineralöl-Konzerne verweigern nach Vertragsende daher oftmals den Ausgleichsanspruch.
Die Unternehmen berufen sich bei der Verweigerung des Ausgleichsanspruches darauf, dass eine GmbH als juristische Person nicht altern und auch nicht erkranken kann und der Tatbestand des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB daher keine Anwendung findet. Ist ihr Geschäftsführer zu alt, könnte er theoretisch einfach ausgewechselt werden.
Aus Sicht des Handelsvertreters ist im Gegenzug anzuführen, dass es unangemessen erscheint, den Ausgleichsanspruch nur auf Grund der gewählten Rechtsform auszuschließen. Insbesondere wenn der Handelsvertretervertrag im Einzelfall auf die Person des Handelsvertreters ausgerichtet ist und mit der Person des Handelsvertreters steht und fällt. Eine einstimmige Antwort gibt es in der Rechtsprechung nicht. Im Streitfall kommt es daher auf die Expertise und das Verhandlungsgeschick des anwaltlichen Beraters an.
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Das Alter des Handelsvertreters muss dazu führen, dass die Fortsetzung seiner Tätigkeit unzumutbar ist. In den meisten Fällen gilt dies ab Erreichen des gesetzlichen Rentenalters.
Die Störung des gesundheitlichen Zustands muss schwerwiegend und von nicht absehbarer Dauer sein. Zudem muss sie zu einer Verhinderung in der Handelsvertretertätigkeit führen, die auch mit Ersatzkräften nicht kompensiert werden kann.
Das Gutachten oder die Empfehlung eines Hausarztes sind nicht ausreichend. Stattdessen sollten sich Handelsvertreter auf eine amtsärztliche Untersuchung oder das Urteil eines gerichtlich bestellten Sachverständigen berufen.
Dies ist in der Rechtsprechung äußerst umstritten. Dafür spricht, wenn der Handelsvertretervertrag im Einzelfall stark auf die Person des Handelsvertreters ausgerichtet ist und mit der Person des Handelsvertreters steht und fällt. Dagegen spricht jedoch, dass eine GmbH nicht altern oder erkranken kann.