22.01.2025
RANKE EGGELKRAUT RECHTSANWÄLTE

Die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrags

Die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrags
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Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende… Dieses Sprichwort beschreibt sehr gut die Endphase vieler in die Schieflage gekommener Vertragsverhältnisse. Handelsvertreter sind keine Angestellten, sondern selbständig für ein Unternehmen tätig.

Die außerordentliche fristlose Kündigung ist das Mittel, den Vertrag einseitig mit sofortiger Wirkung zu beenden. Im Handelsvertreterrecht sind dabei einige Besonderheiten zu beachten.

Alle wichtigen Infos zu diesem Thema erhalten Sie in diesem Beitrag und erfahren außerdem, wie unsere Rechtsanwälte Sie in diesem Kontext unterstützen können.

Übersicht:

Was ist eine fristlose Kündigung?

Gemäß § 89 HGB können sowohl der Handelsvertreter als auch der Unternehmer den Handelsvertretervertrag unter Einhaltung der Kündigungsfrist kündigen. Diese hängt von der bisherigen Vertragsdauer ab. Im ersten Jahr beträgt die Kündigungsfrist für den Handelsvertretervertrag einen Monat, im zweiten zwei. Im dritten bis fünften Vertragsjahr gibt es eine dreimonatige, danach eine sechsmonatige Frist. Im Regelfall ist die ordentliche Kündigung nur zum Ende des Kalendermonats möglich.

In § 89a HGB ist die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung geregelt. In diesem Fall endet der Handelsvertretervertrag, ohne dass Kündigungsfristen gelten, mit sofortiger Wirkung. Das Recht auf eine solche außerordentliche fristlose Kündigung darf der Handelsvertretervertrag nicht ausschließen oder einschränken (§ 89a Abs. 1 Satz 2 HGB).

Kündigung des Handelsvertretervertrags

Erfahren Sie, welche Kündigungsfristen für Handelsvertreterverträge gelten und welche rechtlichen Konsequenzen bei einer Kündigung zu beachten sind.

Fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags: Rechtlicher Rahmen

Für eine fristlose Kündigung muss es immer einen wichtigen Grund geben. Liegt dieser wichtige Grund in einem Verhalten der anderen Vertragspartei, muss diese im Zuge einer Abmahnung aufgefordert werden, dieses Verhalten abzustellen - verbunden mit dem Hinweis der andernfalls erfolgenden Kündigung.

Zwischen Kenntnis des Kündigungsgrundes und Ausspruch der Kündigung dürfen - je nach Umstände des Falls - nicht länger als 2 Wochen bis maximal zwei Monate liegen. Um eine Unwirksamkeit der Kündigung zu vermeiden, empfiehlt es sich, nicht länger als zwei Wochen bis einen Monat mit dem Ausspruch zu warten. Aufgrund des Ultima-Ratio-Prinzips entfällt die Pflicht zur Abmahnung nur bei tiefgreifenden Vertrauensverstößen.

Wichtige Gründe für die fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags

Eine fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund möglich. Die Vertragsverletzung oder das Fehlverhalten muss dementsprechend eine gewisse Schwere aufweisen. Wichtige Gründe liegen regelmäßig vor, wenn eine Vertragspartei die Interessen der anderen grundlegend verletzt. Dadurch muss es für die kündigende Partei unzumutbar werden, ihren Vertragspflichten bis zum ordentlichen Vertragsende weiter nachzukommen.

In der Praxis kündigen Unternehmen meist wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot, verbotswidrige Konkurrenztätigkeit und Verstöße gegen die Absatzförderungspflicht (jweils nach Abmahnung) fristlos. Auch Straftaten wie beispielsweise durch den Handelsvertreter gefälschte Kundenunterschriften kommen in Frage. Handelsvertreter hingegen berufen sich häufig auf ausbleibende oder verzögerte Provisionszahlungen oder vertragswidrige Gebiets- oder Kundenkreisbeschränkungen. Ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Unternehmer provisionspflichtige Geschäftsabschlüsse arglistig verschwiegen hat.

Der Kündigungsgrund muss in der Kündigungserklärung nicht zwingend angegeben werden, ist mit Blick auf den Ausgleichsanspruch nach § 89b Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2 HGB jedoch in der Regel zu empfehlen. Der Kündigungsgrund muss tatsächlich vorliegen und aus dem Risikobereich des Gekündigten stammen. Andernfalls kann die gekündigte Partei die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist immer nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. So kann dieselbe Pflichtverletzung bei einer kurzen bisherigen Vertragsdauer anders wirken als bei einem gefestigten Vertrauensverhältnis und einer langjährigen, erfolgreichen Zusammenarbeit.

Erfahren Sie, wie Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung einen finanziellen Ausgleich für den aufgebauten Kundenstamm erhalten können.

Eigenkündigung des Handelsvertreters

Folgen einer fristlosen Kündigung für Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche

Nach Ende eines Handelsvertretervertrages kann dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch zustehen. Er hat für den Unternehmer einen Kundenstamm aufgebaut, von dem dieser weiter finanziell profitiert, während der Handelsvertreter selbst keine Provisionen mehr erhält. Für diese Einkünfte soll der Ausgleichsanspruch einen Wertausgleich herstellen. Der Handelsvertreter muss ihn dafür innerhalb von zwölf Monaten nach Vertragsbeendigung geltend machen.

In einigen Fällen besteht kein Ausgleichsanspruch. Bei einer Eigenkündigung des Handelsvertreters entfällt der Anspruch grundsätzlich, außer wenn der Unternehmer durch sein Verhalten Anlass zur Kündigung gegeben oder dem Handelsvertreter die Tätigkeit altersbedingt oder gesundheitlich nicht weiter zumutbar wäre.

Der Ausgleichsanspruch entfällt auch, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter aufgrund schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters gekündigt hat (§ 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB). Diese Regelungen gelten auch für eine fristlose Kündigung.

Wenn eine fristlose Kündigung wegen schuldhaften Verhaltens erfolgt, kann die kündigende Partei nach § 89a Abs. 2 HGB Anspruch auf Schadenersatz haben. 

Auf eine möglicherweise unberechtigte fristlose Kündigung sollten Sie sofort reagieren und die kündigende Partei auf die Unwirksamkeit der Kündigung hinweisen. Theoretisch stellt eine unwirksame fristlose Kündigung und das Bestehen darauf wiederum einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung durch die andere Vertragspartei dar. Die Reaktion auf eine fristlose Kündigung sollte erst nach anwaltlicher Beratung erfolgen.

Rückzahlungsklauseln sind nicht immer zulässig

Im Fall einer Kündigung können auch sogenannte Rückzahlungsklauseln relevant werden. Diese legen fest, dass Handelsvertreter die an sie geleisteten Aufbauhilfen im Falle einer Kündigung zurückzahlen sollen. Als Aufbauhilfen gelten finanzielle oder materielle Unterstützungen von Unternehmerseite, die es dem Handelsvertreter erleichtern sollen, seine Handelsvertretertätigkeit auszuüben und den Kundenstamm aufzubauen. Diese Rückzahlungspflicht kann entfallen, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter durch sein Verhalten einen wichtigen Kündigungsgrund gibt.

Rückzahlungsklauseln können unwirksam sein, wenn sie den Handelsvertreter  wirtschaftlich zu stark belasten oder gar in seiner Existenz gefährden und damit als unzulässige Kündigungserschwernis einzustufen sind. Eine anwaltliche Beratung in diesem Zusammenhang ist unumgänglich.

Praktische Unterstützung durch RANKE EGGELKRAUT Rechtsanwälte

Das Handelsvertreterrecht beruht in hohem Maße auf juristischen Details, die eine intensive Kenntnis der relevanten Gerichtsurteile erfordern. 

Möchte ein Unternehmen fristlos kündigen, können wir für dieses Vorhaben einen juristisch sicheren Rahmen schaffen. Gemeinsam bereiten wir die Kündigung vor und formulieren eine rechtlich fundierte Begründung. Auf diese Weise können wir Ausgleichsansprüche vermeiden.

Auf der anderen Seite geht es für Handelsvertreter üblicherweise darum, ihre Ausgleichsansprüche zu erhalten. In diesem Fall prüfen wir fristlose Kündigungen auf ihre Wirksamkeit. Juristisch fundierte Ansprüche auf Ausgleich und Provisionen setzen wir gerichtlich und außergerichtlich durch.

Planen Sie, einen Handelsvertretervertrag fristlos zu kündigen? Bezweifeln Sie die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung? Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Einschätzung Ihres Falls. Vom Anspruchsschreiben über eine außergerichtliche Einigung bis hin zu gerichtlichen Schritten unterstützen sie RANKE EGGELKRAUT Rechtsanwälte über die volle Distanz.

Johannes Eggelkraut

Wir beraten Sie individuell und setzen Ihre Rechte durch - außergerichtlich und gerichtlich. Kontaktieren Sie uns noch heute!

Fazit

  • Sofortiges Ende: Bei einer fristlosen Kündigung endet der Handelsvertretervertrag sofort, da ein wichtiger Grund seine Fortführung unzumutbar macht.
  • Rechtlicher Rahmen: Im Regelfall erfordert eine fristlose Kündigung eine Abmahnung im Vorfeld.
  • Ausgleichsanspruch: Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters kann bestehen bleiben, wenn die Kündigung aufgrund eines Fehlverhaltens des Unternehmers erfolgte.
  • Weitere Ansprüche: Zudem müssen Ansprüche auf Schadenersatz und/oder die Rückzahlung von Aufbauhilfen beachtet werden.
  • Juristische Unterstützung: Ein Rechtsanwalt kann helfen, unberechtigte Kündigungen zurückzuweisen oder einen sicheren rechtlichen Rahmen für eine Kündigung zu schaffen.

FAQ

Was ist eine fristlose Kündigung?

1

Der Vertrag endet sofort, ohne dass die Kündigungsfrist eingehalten wird. Dafür sind wichtige Gründe nötig, die eine Fortführung des Vertrags bis zu seinem fristgerechten Ende unmöglich machen.

Wann ist eine fristlose Kündigung rechtlich wirksam?

2

Vor einer fristlosen Kündigung muss, solange kein tiefgreifender Vertrauensbruch vorliegt, eine Abmahnung erfolgt sein. Zwischen Kenntnis des Kündigungsgrundes und Ausspruch der Kündigung dürfen - je nach Umstände des Falls - nicht länger als 2 Wochen bis maximal zwei Monate liegen.

Was gilt als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung?

3

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn eine Vertragspartei die Interessen der anderen erheblich verletzt hat. Diese Pflichtverletzung oder dieser Vertrauensbruch muss dafür sorgen, dass es dem Kündigenden unzumutbar ist, das Vertragsverhältnis bis Ende der ordentlichen Kündigungsfrist fortzuführen.

Entfällt der Ausgleichsanspruch bei einer fristlosen Kündigung?

4

Der Handelsvertreter hat keinen Ausgleichsanspruch mehr, wenn die fristlose Kündigung aufgrund seines eigenen schuldhaften Verhaltens erfolgte. Liegt jedoch Fehlverhalten von Seiten des Unternehmers vor, besteht der Anspruch auch bei einer fristlosen Kündigung.

Was geschieht, wenn eine fristlose Kündigung unwirksam ist?

5

Ist eine fristlose Kündigung unwirksam, läuft der Vertrag weiter. Eine unwirksame fristlose  Kündigung kann in der Regel in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden.